Samstag, 7. Dezember 2013

Donnerstag, 05.12.2013


Starten wie immer heute bereits vor 6 Uhr. Alles ist für die Schule in Bellanger gepackt. Treffen uns am Stadtrand  mit unserem Ingenieur Guerino.
Er wird das Projekt Bellanger alleine fertigstellen. Zaun, Toiletten, Spielplatz, Fertigstellung eines Hauses für eine Vorschule und den Umbau der riesigen Küche in einen Lagerraum und Raum für den Direktor.
Wir quälen uns durch den Stadtrand. Benötigen fast 2 Stunden, bis wir Guerino treffen.
Markt in Cabaret
Unterwegs wieder Polizeikontrollen, in Cabaret heute Markt und Stau wie in Port au Prince, kaufen eine Tüte Brot und machen kurz vor der Schule an einem Bananenfeld ein kurzes Frühstück, da wir nicht vor den Lehrern und Kindern essen wollen.
Transport zum Markt
An der Schule angekommen kontrollieren wir nochmals, ob alle Kinder aus unserer Liste vom März noch anwesend sind.
Einige sind sitzengeblieben, was ja nicht so schlimm ist, einige sind nicht da, sollen aber wahrscheinlich im Januar wieder zur Schule kommen. Der Direktor will nicht genau herausrücken, warum es so ist. Aber schon beim letzten Besuch hieß es, dass die Leute kein Schulgeld bezahlen können, weder Schuhe noch Schuluniform für die Kinder haben. Conny und wir ärgern uns maßlos und versuchen immer wieder zu erklären, dass wir uns gerade für diese Kinder hier engagieren und dass wir wollen, dass diese Kinder in der Schule sind, wir übernehmen die Kosten der Uniform und wir sind der Meinung, da wir alle Kosten der Schule tragen, dass die Kinder ohne Schulgeld, auch wenn es nur umgerechnet 10 Euro im Jahr sind, zur Schule gehen dürfen!
Es kommt noch Pfarrer Nerilus mit seinem Kaplan aus Cabaret zur Schule. Wir fangen direkt fast einen Streit an, da er unsere Argumente gar nicht nachvollziehen kann. Die Kirche hier sei arm. Er hat zwar eines der schönsten Häuser in Cabaret mit Personal usw., Handy, Auto, unserer Meinung nach ein gutes Leben, aber das sind ja wohl 2 Paar Schuhe. Es stellt sich auch heraus, dass diese kleine Schule in Bellanger die einzige seiner Diözese sei und er hier trotzdem nicht finanziell helfen kann.
Es gibt unterschiedliche Aussagen, angeblich gar kein Schulgeld, was aber nicht stimmt, da der Direktor das später nochmals bestätigt. 


Wenn es uns nicht um diese wirklich armen Kinder ginge, würden wir so gerne aufstehen, unsere Sachen packen und zurück nach Port au Prince fahren. Er ist schließlich bereit, diese geringen Kosten auszulegen, als wir zusagen, dass wir es bei jeder Reise erstatten. Wir haben für weit über 1000 Euro Schulmaterial einschließlich eines Globus und allem, was auf der Wunschliste der Lehrer war, mitgebracht, wir haben für über 1000 Euro Spielgeräte in Port au Prince gekauft, unser Ingenieur ist gerade auf dem Gelände und bereitet alle anderen Investitionen vor - und dann ist der Pfarrer nicht mal bereit, 1 Euro auszulegen für Plastikfolie, um die Bücher einzubinden.
Gruppenbild mit Lehrern in Bellager
Ich höre, als er moniert, dass eine Lehrerin Protestantin und es ja eine katholische Schule sei. Ich erkläre ihm, dass wir doch wohl den gleichen lieben Gott haben, ich bin gespannt, ob die Lehrerin entlassen wird!
Wir bezahlen alle Lehrer einschließlich Dezember und Pfarrer Nerilus fordert von allen Schecks eine Kopie. 

Als wir nach Hause fahren, sind wir uns einig, was für ein schönes Projekt es wäre, wenn wir direkt nur mit dem Schuldirektor und den Lehrern arbeiten dürften.
Conny will eine Liste erstellen mit unseren Ansprüchen, die erfüllt werden müssen. Alle weiteren Gehaltsscheck werden wir morgen schreiben und bei BND deponieren.

Fußballschule


Auf der Rückfahrt nach Port au Prince, wagen wir es, die Straße Nr. 9 zu fahren. Es ist eine wunderbare Straße, ohne Stau und mit ganz wenig Verkehr, auch weniger Kilometer. Diese Straße führt aber sehr lange durch das Nowhere und endet schließlich in Cite Soleil. Jedem, dem wir hier erzählen, dass wir die schon gefahren sind, hält entsetzt die Hand vor dem Mund und wir müssen versprechen, das ja nie wieder zu tun. Anscheinend sind auf dieser Straße oftmals hold-ups, Kidnapping und Überfälle. Wir fahren trotzdem, sparen mindestens 1 ½ Stunden und können noch einiges in Port au Prince erledigen.
Ein kleiner Stau entpuppt sich als Polizeikontrolle. Stau ist halt immer das Risiko für Überfälle, so lange man rollt, ist es für Angreifer schwieriger.
Letztlich kommen wir gut durch. Wir suchen ein Geschäft, in dem Pumpen verkauft werden sollen. Nachdem wir das Geschäft gefunden haben, entdeckt Conny eine einzige Handpumpe, eigentlich nicht das, was wir suchen, Guerino meint aber, besser als nichts. Wir wollen aber noch weiter suchen. So holen wir uns nochmals 2 Kostenvoranschläge für einen Pick-Up. Der indische TATA ist der billigste. Ob er was taugt? Keine Ahnung. In Haiti nennt man TATA das Feste, wenn man zur Toilette geht… Die Marke ist hier absolut nicht angenommen.
Fußballschule
Später gönnen wir uns mit Guerino ein Mittagsessen in einem Restaurant, in dem eigentlich nur Ausländer, ONGs und Geschäftsleute essen. Hier haben wir kostenloses Internet, können die Mails versenden und diskutieren mit Guerino lange, wie wir unsere Humustoiletten vernünftig bauen können.
Dann suchen wir mit ihm noch den Sportplatz, bzw. den Platz, wo Patrick Millet mit den Kindern eine Fußball-Schule hat, finden ihn und schauen den Jugendlichen beim Training zu. Er erklärt uns seinen Traum, weitere Fußball-Schulen zu gründen und dort den Kindern und Jugendlichen einen Traum zu geben. Weg von der Straße und dem ständigen Überlebensstress. Er hat momentan zwei Plätze, wo er mit den Kindern spielen darf. Es sind keine Fußballfelder wie wir sie kennen, sondern einfach nur freie Plätze. Er und ein Team mit 12-jährigen waren letztes Jahr in Frankreich eingeladen, sie durften 10 Tage eine andere Welt erleben und müssen wohl auch sehr erfolgreich die Fußball-Turniere bestritten haben.
Seine laufenden Kosten sind die Fußballtrainer, der Transport und Trinkwasser. Wir vereinbaren noch ein Treffen und wollen uns mit einer Spende beteiligen.
Wir starten um 17 Uhr unseren Heimweg. Es regnet, was selten ist in dieser Jahreszeit ist, der Verkehr ist so grausam, wir fahren dunkelste, unbefestigten Nebenstraßen, nur um einmal das Gefühl zu bekommen, 100 Meter an einem Stück zu fahren, aber immer wieder kommt der nächste Stau. Für eine Strecke, die man bei fließenden Verkehr in weniger als 30 Minuten bewältigen kann, benötigen wir über 3 Stunden und kommen total fertig nach 20 Uhr an. Ich stelle fest, welch ein Wahnsinn es ist, sich zweimal täglich diesen Verkehr anzutun. Einmal hin und dann wieder heim.
Conny meint, nicht zwei Mal sei Stau, sondern eigentlich nur einmal, nämlich durchgehend. Sie könne nun dem Wort „infernal§ die genaue Deutung und Gefühlslage zuordnen.
Zu Hause sind wir platt, wir wollen nur noch duschen und ins Bett.
Roswitha Weiß

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