Sonntag, 1. Dezember 2013

Montag, 25.11.2013



Frühstück im Baustellenhotel. 
Wir haben sehr gut geschlafen und warten morgens auf unser Frühstück.  Madame serviert einen außerordentlich guten Kaffee, Brot und Bananen bringen Guivens und Guerino mit. Wir machen uns gegen 8 Uhr auf den Weg, wollen noch kurz bei der FAM vorbei und Marilla einen guten Tag sagen, sie erhält von uns ein Buch „Mama Miti-mere des arbres“. Zur Nachahmung für sie gedacht…

Weiter geht es nach Billiguy, die Straße ist dermaßen schlecht nach der Regenzeit. Die Flüsse so stark ausgebaggert und die Steine abtransportiert, dass nur noch Treibsand im Flussbeet ist. Wir haben große Mühe, überall durchzukommen. Endlich, nach 1,5 Std Fahrzeit für die 11 km sind wir da. Es ist große Pause, alle Kinder sind im Hof versammelt und wir werden mit großem Hallo begrüßt. Wir nehmen nochmals alle Baumängel und noch auszuführenden Arbeiten auf, um uns anschließend mit dem Direktor zusammenzusetzen. Das Kinderbuch „Mama Miti“ hatten wir eigentlich als Klassenlektüre für die 3. Klasse gedacht. Leider konnte noch kein einziges Kind in der 3. Klasse lesen. Also weiter in die 4. Klasse- auch dort erweist es sich als sehr mühsam, einen kurzen französischen Text zu lesen. Verstanden hatte esniemand…. Also dann noch weiter in die 5. Klasse. Dort endlich konnte ein Mädchen relativ flüssig einen französischen Text vorlesen und auch das Gelesene wiedergeben. Roswitha erklärte, warum wir das Buch gekauft haben und dass wir über den Text gerne beim nächsten Besuch sprechen wollten. Nebenbei kontrollierten wir die beim letzten Besuch für alle Klassen gekauften Schulbücher. Verabredet war ganz klar, dass die Bücher nur eine Leihgabe von HKH sind und in gutem Zustand gehalten werden sollten, damit sie immer den folgenden Klassen übergeben werden konnten. Einbindematerial und Klebeband wurde damals mitgeliefert. Leider stellten wir bei unserer Kontrolle fest, dass nur ein Teil der Bücher eingebunden ist. Wir werden ziemlich ungehalten und fordern von den Lehrern eine Erklärung. Jeder schiebt die Verantwortung weiter, letztlich auf den Direktor, der angeblich kein Tesaband mehr hatte. Wir stellen fest, dass die ersten beiden Klassen entgegen unseres Vertrages nicht mit 34 Schülern sondern mehr als 50 Schülern besetzt sind. Die für jede Klasse vorgesehenen 17 Doppelsitz- Schulbänke waren nicht so eingeräumt wie vorgesehen, es fehlten in jedem Raum einige Bänke, da er die kleinsten Bänke kurzerhand für die Vorschule verwendet hat. Dafür saßen dann auf den Bänken, die für zwei Schüler vorgesehen sind, oft bis zu vier Schüler. Kein Platz zum Schreiben oder ein Heft aufzuschlagen. Auch deshalb stellen wir den Direktor energisch zur Rede. Er schiebt die Verantwortung auf die Baptisten-Mission, die ihm sein Gehalt nicht zahle und er deshalb die Schülerzahl erhöhen müsse, damit über das eingenommenen Schulgeld sein Einkommen gedeckt sei, da nur ein geringer Teil der Schüler das Schulgeld überhaupt aufbringen könne. Ein großer Missstand in unseren Augen. Die Stimmung wird immer gereizter und wir fordern ein Treffen mit den Lehrern nach dem Unterricht ein. Zwischenzeitlich schauen wir auch, was der Agronom mit den Schülern bereits gepflanzt und aufgezogen hat. Leider ist auch da das Ergebnis meilenweit von unserer Vorstellung entfernt. Er gibt in der 3. und 4. Klasse jeweils an zwei Tagen irgendwelchen Unterricht, wir können aber nicht erkennen, in welcher Weise die Kinder einen Erkenntnisgewinn haben, da sie eigentlich nur gekaufte Sämlingen in Aufzuchttüten eingepflanzt haben und diese dann regelmäßig gießen dürfen. Wir stellten uns vor, dass sie aus Saatgut oder aus Ablegern selber Pflanzen anziehen und sie dann so lange hegen, bis sie an einem bestimmten Platz ausgepflanzt werden. Leider sehen wir gar nichts davon. Die von uns bezahlten Gartengerätschaften sind zum Teil vorhanden. So ähnlich verhält es sich auch beim Handarbeitsunterricht. Es wurden nur Mützen gehäkelt und Stickproben hergestellt. Positiv fanden wir, dass nicht nur Mädchen, sondern auch Jungen am Handarbeitsunterricht teilnehmen. Ein weiteres negatives Erlebnis war die Verschwendung des Wassers aus dem Wasserreservoir. Der Hahn lief praktisch die ganze Zeit, während die Schüler sich im Hof aufhielten. Wir konnten das gar nicht glauben und stellten auch hier wieder den Direktor zur Rede. Sein „Il y a du problem…“ konnten wir schon gar nicht mehr hören und waren inzwischen stinkesauer. Wir finden, dass er seine Direktorenstellung ganz schlecht ausfüllt und total überfordert wirkt. Beim anschließenden Lehrergespräch meldeten sich die verschiedenen Lehrer zu Wort und beklagen ihrerseits die unhaltbaren Zustände mit bis zu 50 Kindern in einer Klasse. Das Certifikat nach der sechsten Klasse bestand nur ein Anteil von 50% der Schüler, was in unseren Augen auch ein Zeichen dafür ist, dass die Kinder keinen guten Unterricht erhalten. Nach unserem Verständnis konnten wir nicht nachvollziehen, dass keiner der Lehrer z.B. eine Förderstunde für Schüler anbietet, die vielleicht einen Stoff nicht richtig verstehen und manchmal nur für kurze Zeit einen intensiveren Unterricht brauchen, um weiter am Ball zu bleiben. Inzwischen war die Stimmung bereits auf den Nullpunkt gesunken, da wir die Zahlung der noch ausstehenden Gehälter seit August ablehnten, bis alle Schulbücher inventarisiert und eingebunden sind. Wir verwiesen darauf, dass es eine klare Abmachung gab, wie mit den Büchern umzugehen sei. Es erklärten sich mehrere Lehrer bereit bis nach Maissade zu fahren und das fehlende Material zu holen. Sie baten uns darum, nochmals zum Ende der Woche zu kommen und die Bücher zu kontrollieren.

Wir machen Schluss für heute und fahren nach Maissade zurück. Von sieben Lehrern nehmen sechs die Gelegenheit wahr, auf der Ladefläche mitzufahren. In Maissade angekommen zahlen wir pro Lehrer einen Vorschuss von 1000 Gourdes aus. Wir müssen noch weiter zu Pastor Colas, dem Leiter der Schule in Billiguy und sprechen das leidige Thema der Bezahlung des Direktors an. Die Baptisten-Mission hat ohne Erklärung die Zuwendung von 7.000 Gourdes monatlich auf 3.500 Gourdes reduziert. Er kann den Direktor also nicht wirklich angemessen bezahlen. Wir diskutieren lange darüber, kommen aber zu keinem annehmbaren Ergebnis und vertagen unser Gespräch auf die nächsten Tage. Es muss auf jeden Fall eine Entscheidung fallen auch in Anbetracht, dass der Sohn des Direktors, der Lehrer an der Schule in Billiguy ist, zur gleichen Zeit zwei junge Mädchen geschwängert hat. Rowitha und ich redeten darüber noch längere Zeit und kamen zum Ergebnis, dass dieser junge Mann auf keinen Fall mehr weiter beschäftigt werden sollte. Die Vorbildfunktion als Lehrer hat er mit seinem Verhalten massiv verletzt.  Wir werden dem Direktor vorschlagen, seinen Sohn zu entlassen und einen neuen Lehrer einzustellen. Am Donnerstag geht´s weiter…

Guivens und Guerino laden uns zu einem eiskalten Bier ein. Wir fahren anschließend in unser Baustellenhotel und finden es eigentlich schon ganz gemütlich hier als einzige Gäste.

Cornelia Rébert-Graumann


Kurzer Nachtrag von Roswitha Weiß:

Leider ist unser Zimmer ein Moskitonest und Conny hat alleine im Gesicht 14 Stiche. Die Fenster haben keine Netze, das Licht ist überall an, wenn es geht und entsprechend anziehend für die Moskitos. Auch scheint die Baustelle schon sehr alt zu sein. Aber nicht jammern, wir haben ein Bett!

Erster Besuch bei Marillia, der Leiterin der Frauenorganisation in Maissade. Wir erklären ihr unseren Traum von einer Aufforstung in Haiti und Conny schenkt Ihr das Buch ‚Mama Miti – Mütter der Bäume‘.

Marillia erklärt uns, dass die Weltbank die Finanzierung der Schulspeisung in der Region leider fast völlig eingestellt hat. Sie musste bereits Frauen entlassen. Sie versuchen aber ihre Artikel an alle Supermärkte in Port au Prince und anderen großen Städten zu verkaufen. Es wäre eine gute Idee, wenn wir Kontakt mir Faire Traide oder Gepa aufnehmen könnten, vielleicht könnten Sie auch über diese Kette Ihre Artikel absetzen.

Wir fahren weiter nach Billiguy, als Wege nur noch ausgewaschene Streifen, mit tiefen Gräben. Wir versuchen doch mit dem Auto hinzukommen. Es gab einzelne Stellen, wo ich mir sicher war, dass es einfach nicht mehr weiter geht und wir uns irgendwo einen Esel mieten und einfach zu Fuß weitergehen müssen. Guivens ging teilweise vor dem Auto und schaute immer die nächsten Meter an und winkte uns vorsichtig über die Löcher. Wir schafften es dann doch.


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