Mittwoch, 20. August 2014

Reisebericht Andreas 15.8.2014



Ein Sprung von fast 12 Stunden, jedenfalls für mich beim Schreiben. Ich sitze um 21:00 Uhr am Rande unsere Grundstücks in Maissade im noch etwas kühleren Auto, bin total fertig und schaue auf den Bildschirm statt den anderen beim Arbeiten zu. Statt mich im Hotelzimmer dem wohlverdienten „Prestige“ zu widmen. Wie kann es zu dieser Situation kommen?
Tja, gegen 14:00 Uhr konnten wir endlich den Fuhrhof verlassen, der Container war längst an mir vorbeigezogen, doch es dauerte noch elend lange, bis wir endlich die Papiere und .die Rechnungen hatten. Schnellstens also aus PaP heraus (wer den Verkehr kennt, weiß, dass das als Witz gemeint war), in einem sehr einfachen „Restaurant“ an der Straße etwas sehr Einfaches, aber absolut Haitianisches gegessen, und sofort weiter nach Hinche. Da der Containerfahrer den Weg nach Maissade und schon gar nicht zu unserem Grundstück kannte, sollte er dort auf uns warten. Allerdings stand dort auf dem großen und übrigens wirklich netten Park niemand, der auf uns wartete. Ein Anruf klärte, dass sich der Truck noch weit weg nahe PaP befand.
Gut, dass wir uns mit der Betrachtung eines tollen Volleyballspiels die Zeit vertreiben konnten, immerhin warteten wir ab 16:30 Uhr (Toppzeit für die Strecke!) noch bis 18:30 Uhr, dann kam endlich der Container. Wir setzten uns davor und weiter ging es. Meine ersten Flussdurchquerungen standen an und ich bin dabei – der eine Kalauer sei mir erlaubt – nicht baden gegangen! Natürlich war es, als unser kleiner Konvoi endlich am Ziel ankam, schon längst dunkel, was die Anschaffung der teuren Taschenlampe rechtfertigte. Wir suchten den Weg, der von der „Hauptstraße“ abgehen sollte, vergeblich, da es ihn offensichtlich gar nicht gibt. Also mussten wir einen Zugang von vorne finden, was nicht so einfach war, weil alles unter Wasser stand (was man jetzt übrigens auch ganz gut an meinen Turnschuhen sehen kann).
Der LKW-Fahrer traute sich dennoch, was dazu führte, dass wir nun in der Wildnis stehen, der Truck festsitzt, Guivens irgendein Motorrad requiriert hat, um in Maissade einen LKW-Fahrer samt Arbeitsgerät aus dem Schlaf zu holen, und keiner weiß, wie es weitergeht. Auch keiner von den etwa 20 Gästen, die sich trotz der späten Stunde zusammengefunden haben, um das Ereignis, was ihnen ja nicht alle Tage geboten wird, mit Rat und Tat zu verfolgen. Von den Geräuschen der Wildnis umgeben, harren wir nun der kommenden, hoffentlich besseren Zeiten.
Zwischenzeitlich habe ich übrigens einen Megafrosch gesehen – ich dachte erst, es sei ein kleines Kaninchen, aber die machen andere Geräusche, auch auf Kreol – er hatte knapp die Größe eines Volleyballs.
Wenn ihr diese Mail so gegen halb 4 morgens eurer Zeit bekommt, dann hat es mit dem Internet geklappt, hier auf unserem Grundstück! Und glaubt nicht, ich würde euch erzählen wies weitergeht, denn das weiß ich bedauerlicherweise auch nicht. Ich wollte ja nie in Haiti bei Dunkelheit fahren – vielleicht wird mein Wunsch ja erfüllt, es sind ja nur noch 8 Stunden bis zum Sonnenaufgang...
Halt! Eines möchte ich doch noch erzählen, schon, damit dieser Bericht positiv endet: Ich war ja, um die Preise nicht zu verderben, nicht mit ins Kontor der Containerfirma gegangen und stand ziemlich lange auf dem Parkplatz herum (s.o.) Ich stand ganz hübsch im Schatten, was sich allerdings durch die Erdrotation spürbar veränderte, den schon bald war kein Schatten mehr zu finden. Ich schwitzte also leise vor mich hin, als ein Security-Mensch mit abgesägter Flinte vor mir stand und mich unmissverständlich aufforderte, ihm zu folgen. Flucht war denkbar, schien mir aber nicht sinnvoll, da er seine Bitten mit durch die Waffe auf dezente Art unterstützende Bewegungen unterstrich. Meine Zukunft in diesem Moment nicht allzu rosig ausmalend, ging ich vor ihm her zu seinem Unterstand, den er mich aufforderte zu betreten. Dort musste ich mich auf einen Metallstuhl setzen, blitzschnell hatte ich aber feststellen können, dass keine Drähte dorthin führten. Etwas beruhigter setzte ich
mich und der Wachmann fragte, ob das nicht besser sei als in der Sonne! Ehrlich – so nette Leute gibt es hier! Wir reden uns übrigens mit Vornamen an und er hat 11 Kinder.
Andreas Meisig

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